29.08.2023

Die Zukunft ist digital

nDSG: Wie überlebt mein Spital? Herausforderungen im Ökosystem der Gesundheitsdaten

Das EDI-Podium 2023 vom 30. Juni im Luzerner Kantonsratssaal stand ganz im Zeichen des nDSG, das ohne Übergangsfrist per 1. September 2023 in Kraft treten wird. Dr. Daniel Heller, Verwaltungsratspräsident Kantonsspital Baden AG und Gruppe Barmelweid AG, erläuterte die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen eines Spitals.

Daniel Heller ist Verwaltungsratspräsident der Kantonsspital Baden AG (KSB AG) sowie der Spezialklinik Barmelweid, beide Kliniken bewirtschaften zusammen gut 680 Betten. Am EDI-Podium legte er aus strategischer Sicht dar, welche Weg ein Spital beschreiten sollte, um in den Bereichen Infrastruktur, Digitalisierung und Datenmanagement stets am Ball zu bleiben. Hellers Spezialgebiet: der Umgang mit Innovationen. «Ich denke, dass wir beim KSB diesbezüglich in einer guten Mood unterwegs sind», konstatierte er gleich zu Beginn.

Dienstleister Spital
Die KSB AG ist Zentrumsversorger für den Bereich Aargau Ost. Sie teilt sich die medizinische Versorgung des Kantons Aargau mit dem Kantonsspital Aarau (KSA). Das KSB mit etwa 3'300 Mitarbeitenden ist Zentrumsspital für gut 350'000 Einwohner:innen und Grundversorger für ca. 150’000 Personen, ihre Bedeutung erstreckt sich jedoch weit über die Region sowie über den Ostaargau hinaus. Im Jahr 2022 wurden knapp 22’000 stationäre Fälle und über 90'000 Notfälle behandelt. Die AG, die vollständig im Besitz des Kantons Aargau ist, ist ein gesunder Betrieb und hat 2022 einen Umsatz von CHF 460 Mio. erwirtschaftet. Mit einer aktuellen EBITDA-Marge von beachtlichen 8.2 % erzielt die KSB Reingewinne, die weit über dem Branchendurchschnitt liegen.  «Rund 70 % aller Spitäler erreichen die von Experten vorgegebene EBITDA-Marge von 10 % momentan nicht», erklärte Heller.

Beeinflussende Faktoren
Die Leitung und der Erfolg eines Spitals werden von vielen äusseren Faktoren beeinflusst. Dazu gehören regulatorische Massnahmen von Politik, Gesetzgebern und Behörden, wie z.B. Leistungsaufträge, Tarife und Vorschriften, weiter auch der wirtschaftliche Druck, der zu einer Ökonomisierung der Medizin führt, und schliesslich der technische Fortschritt oder auch die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Patient:innen. «Was wichtig ist: Man muss strategisch und operativ prospektiv tätig sein, eine optimale Führungsstruktur und ein effektives Kostenmanagement realisieren, dabei ein qualitativ hohes Angebot bieten und den Corpsgeist fördern.»

Der Druck wächst
Spitäler müssen wirtschaftlich sein, um überleben zu können. Doch selbst die beste Planung hilft nichts, wenn die Politik laufend neue Vorgaben macht, Anpassungen vornimmt und Kürzungen beschliesst. «In einem Business mit 66 – 67 % Personalintensität lassen sich solche Massnahmen nicht einfach auffangen», stellt Heller klar. «So lässt sich die Ertragsmarge nicht halten. Mit der Energiekrise hat sich alles massiv verschärft. Wir bezahlen heute CHF 1.5 Mio. pro Jahr mehr für Strom und Energie – das können wir nicht einfach auf Preise und Tarife überwälzen.»

Grosse Chance Digitalisierung
Die Digitalisierung würde hier helfen, effizienter zu werden und Kosten einzusparen. «Gemäss einer Studie von McKinsey und der ETH liessen sich so gut 8,2 Milliarden Franken einsparen – pro Jahr!» Würden konsequent patientenorientierte digitale Gesundheitslösungen wie Online-Interaktionen, Patienten-Selbstversorgung oder andere Self-Services eingesetzt, könnten sich E-Health-Lösungen durchsetzen und würden zudem noch sogenannte «Enabler-Technologien» wie z. B. ein papierloser, standardisierter Datenaustausch oder elektronische Medikamentenrezepte verwendet, könnten sehr viele Ressourcen eingespart werden.»

Daten – ein ungehobener Schatz
Doch die Digitalisierung macht nicht nur effizienter und spart Kosten ein, «eine Datenanalyse wäre auch wichtig für die Entscheide und die Personalisierung der Medizin. Zudem würde sie die Forschungszyklen massiv verringern. Doch nur maximal 6 % aller theoretisch verfügbaren klinischen Daten sind digitalisiert und anonymisiert vorhanden und der Forschung zugänglich. Systembrüche, Datensilos, fehlende Standards und mangelnde Kommunikation sind Gründe, warum man auf diesen ungehobenen Schatz nicht zugreift.» Es gebe keine integrierte Sicht auf den Patienten, bedauert Heller, zudem könnten multi-zentrische Studien nur mit viel Aufwand verwendet werden. «Leider sehen aber viele die IT nur als Kostentreiber und nicht als Innovation. Und das ist falsch.»

Health Innovation Hub
«Innovation am Spital ist ein Riesenthema», bestätigt Heller. Daher ist auch eines der elf strategischen Handlungsfelder des KSB die Innovation, das «systematische Monitoring von neuen Entwicklungen, die Einfluss haben könnten auf die Art der Leistungserbringung des KSB – sei es z. B. im Diagnosebereich oder bei Supportprozessen.» Mittels Kooperationen mit renommierten interessanten Partnern oder auch mit Startups sichert man sich beim KSB den Anschluss an wichtige Transformationen.

Seit 2018 gibt es den Health Innovation Hub, «unsere eigens für Innovationen in der integrierten Gesundheitsversorgung gegründete Plattform», erklärt Daniel Heller. Das KSB stellt entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung, beteiligt sich finanziell an den Projekten, bietet ein realitätsnahes Testumfeld, tauscht Know-how und Erfahrungen aus, stellt Daten zur Verfügung und Verknüpfungen zum Partnernetzwerk sicher. «Wir wollen etwas unternehmen, wir wollen Dinge ausprobieren», erklärt Heller.    

Fazit:
Das Spitalwesen soll digitaler werden. «Wir müssen ein topmodernes Datenmanagement aufziehen», betont Heller. Gemeinsam mit der ETH wird nun für das KSB eine leistungsstarke Plattform aufgebaut. «Viele Pflegende klagen, dass sie permanent nur dokumentieren müssen, teilweise sogar noch mit Fresszetteln und Daten-Eintöggeln – doch das soll bald alles anders werden. Denn die Zukunft ist digital.»

Präsentation (PDF)

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